Guitar Hero hat fertig! Im Zuge der Zahlen des letzten Geschäftsjahres verkündete Activion neben einem Rekordgewinn von 418 Mio. US Dollar auch das (vorläufige) Ende der Guitar Hero Serie, einhergehend mit Entlassungen beim Macher Neversoft und der Schließung einiger interner Studios – Eine andere Wahl hat der Publisher auch nicht, geht er doch sehr unruhigen Zeiten entgegen. Wie passen Rekordgewinn und Entlassungen bzw. Studioschließungen zusammen, geht es gar nur um Gewinnmaximierung? Nein! Für Activsion geht es ums überleben und diese Probleme sind hausgemacht.Sehen wir uns zuerst einmal die Guitar Hero Serie an: Es ist noch keine zwei Jahre her das man bei Activision nach den grandiosen Verkaufszahlen von Guitar Hero 3 davon träumte mit DLC für die Serie mehr Umsatz zu machen als Apples mit iTunes. Wie konnte es also zu einem solch rapiden Abstieg der Serie kommen? Die Antwort ist simpel: Der Markt wurde mit Spielen uns Spinoffs überschwemmt: Kaum ein Monat im Jahre 2009 in dem kein Musikspiel von Activsion oder EA erschien. Anfangs ging die Taktik auf: Die Käufer waren da, die Spiele warfen Gewinn ab. Wie viel davon bei Activision hängen geblieben ist, ist reine Spekulation: Bands wie AC/DC, Metallica oder Van Halen werden sich ihre Songs allerdings sehr gut bezahlt lassen haben. Irgendwann war allerdings eine Sättigung des Marktes vorhanden: Kaum jemand möchte das vierte oder fünfte Spiel das sich nur durch die Songs von seinen Vorgängern unterscheidet. Das Ergebnis: Nach grandiosen Verkäufen 2008 und auch noch Anfang 2009 sind die Verkaufszahlen eingebrochen: Der letzte Teil „Warriors of Rock“ liegt wie Blei in den Regalen. Das die Serie nun erst mal auf Eis gelegt wird ist ein logischer Schluss.
Sieht man sich den Niedergang der Guitar Hero Serie und die Gründe dafür an ist es umso erstaunlicher, dass man momentan denselben Fehler bei Call of Duty anscheinend wiederholt: Auch hier werden Teile am Fleißband produziert, nicht ganz so exzessiv wie bei Guitar Hero, aber die jährlichen Ableger unterscheiden sich kaum noch, vor allem der Hauptbestandteil der Spiele, der Multiplayermodus, bleibt ähnlich bis deckungsgleich.
Dabei müsste man sich doch nur im eigenen Unternehmen umsehen um zu erkennen wie man eine Marke erfolgreich aufbaut: Blizzard zeigt seit vielen vielen Jahren wie man seine Marke behutsam aufbaut und nicht durch Nachfolger in Massenproduktion zu Grunde richtet – Jede Marke von Blizzard, egal ob (World of) Warcraft, Starcraft oder Diablo hat Kultstatus und der jeweilige Nachfolger lässt mehrere Jahre auf sich warten, kann dann aber auch voll und ganz überzeugen.
Noch geht die Strategie auf: Jedes Call of Duty erreicht einen neuen Verkaufsrekord und auch die Mappacks als DLC verkaufen sich trotz Premium Preises von 1200 MS Points wie geschmiert. Ein Standbein des CoD-Mechanismus ist mit Infinity Wards nun weg, Treyarch bei den Fans nicht unumstritten und das neue Zweite Studio noch nicht bekannt – Wie lange man die Kuh CoD noch melken kann ist also durchaus fraglich, jedes Jahr einen kaum weiterentwickelten Teil einer Spieleserie zu veröffentlichen hat außerhalb des Sportspielgenres noch nie funktioniert.
Das weiß auch Activision und hat deshalb in den letzten beiden Jahren versucht neue Marken zu etablieren, ist damit allerdings komplett gescheitert:
- Man hat mit Bizzare Creations einen Rennspielentwickler an sich gebunden und wollte mit Blur im Rennspielenre Fuß fassen, die Verkaufszahlen waren eher mittelmäßig und Bizzare steht auf der Abschussliste
- Mit DJ Hero wollte man das Musikgenre einer neuen Klientel näher bringen, trotz dürftiger Verkaufszahlen des ersten Teils wurde ein zweiter Teil produziert, dieser war Verkaufstechnisch ein Flop und die Serie wurde auf Eis gelegt.
- Mit Singularity wollte man eine Shooter-IP abseits von Call of Duty etablieren: Nach schlechten Verkaufszahlen sieht es auch hier schlecht für den Entwickler Raven aus.
Andere vielversprechende Projekte werden momentan plötzlich ebenfalls eingestellt: Gerade noch wurde über True Crime: Hong Kong in der aktuellen Computerbild Spiele berichtet, gestern ging dann die Meldung über die Einstellung des Projektes durchs Netz.
Schaut man sich das Portfolio von Activision abseits der Blizzard Marken an kann einem wirklich Angst und bange werden, denn außer Call of Duty findet man dort nicht wirklich viel:
- Im Sportspielgenre ist man nicht vertreten, hier teilen sich Take Two und EA den die Verkäufe unter sich auf.
- Die Neuausrichtung der Tony Hawks Spiele von herkömmlichen Videospielen hin zu einer Wii affinen Bewegungssteuerung inklusive Skateboard resultierte in vernichtenden Verkaufszahlen und der vorläufigen Einstellung der einstigen Spitzenserie.
- Ebenso sucht man Rollenspiele im Portfolio vergebens, Blizzard wird zwar Ende 2011 bis Mitte 2012 (eventuell auch erst 2013, bei Blizzard weiß man nie) Diablo 3 veröffentlichen und hat mit World of Warcraft immer noch die Gelddruckmaschine im Keller stehen – Eine Konkurrenz zu Mass Effect 3, Dragon Age 2, Final Fantasy XIII-2 oder auch Elder Scrolls 5 sucht man allerdings vergeblich.
- Titel für Sonys Move oder Microsofts Kinect sucht man ebenso vergeblich im aktuellen Releasekalender des Publishers, bei den Verkaufszahlen der beiden Geräte völlig unverständlich. Während andere Publisher aus dem verschlafenen Wiistart gelernt haben ignoriert man diese große Käufergruppe bei Activision aufs Neue – und verzichtet auf Einnahmen.
Statt weiter zu versuchen sein Portfolio also breiter aufzustellen, konzentriert man sich bei Activision zunehmend auf die Kernmarke CoD – Und bekommt hier 2011 richtig Konkurrenz: EA bastelt an Battlefield 3, THQ bringt Homefront und Ubisoft lässt Ghost Recon: Future Soldier los, alles Konkurrenten im Genre der Militärshooter. Auch hier könnte ziemlich bald eine Sättigung eintreten und dann hat man bei Activision ein richtiges Problem denn momentan konzentrieren sich die Hoffnungen dort scheinbar auf das neue Spiel des jüngsten Studiozukaufes Bungie. Die Halo Macher konnten zwar in den letzten Jahren mit jedem Titel einen Multi-Millionen-Seller landen, allerdings darf man das zugkräftige Halo Franchise nicht vergessen. Ob also auch ein neues Bungie Spiel außerhalb des Halo Universums entsprechende Verkaufszahlen erreichen kann scheint zumindest fraglich. Zudem ist Bungie kein Studio welches jährliche Updates ihrer Spiele produziert, hier könnte der Druck von Activision auf die jährliche Neuauflage zu Unzufriedenheit und Mitarbeiterschwund führen.
Man sieht also: Der größte Pubisher der Welt steht am Scheideweg nachdem der profitable Zweig der Musikspiele weggebrochen ist und keine der neuen IPs ein Erfolg war konzentriert sich nun alles auf die Marke Call of Duty und die Spiele von Blizzard. Wie lange vor allem CoD noch Rekordgewinne einfährt muss man abwarten, sollte es Activision nicht gelingen so schnell wie möglich Umstrukturierungen vorzunehmen und neue, erfolgreiche Marken zu etablieren könnte am Ende die Zerschlagung des Publishers stehen.