Need for Speed: Shift

Nach dem radikalen Richtungswechsel der Need for Speed Serie wagt EA mit Need for Speed: Shift nun den Neuanfang der Altehrwürdigen Serie und hofft verlorenes Vertrauen bei den Spielern zurück gewinnen zu können. Eine härtere Zeit als den heißen Herbst mit Konkurrenz durch Dirt 2 und Forza 3 hätte man sich bei EA nicht aussuchen können – Ob Shift trotzdem überzeugt oder nur hinterher fährt sagen wir euch in diesem Review.

Eine kurze Geschichtsstunde

1994 erblickte eine der bekanntesten und lange Zeit auch eine der beliebtesten Rennspielserien das Licht der Welt: EA veröffentlichte vor mittlerweile 15 Jahren „The Need for Speed“. Springen wir ins Jahr 2008 – Mit Need for Speed: Undercover, dem elften Teil der Serie erscheint der bisherige Tiefpunkt von Need for Speed – Seit einigen Jahren entwickelte EA die Serie weg von den atemberaubenden Rennen mit Luxusrennern hin zu einem Gangster und Tunerspiel mit offener Stadt und aufpimpbaren Alltagswagen.

Da das Spiel sowohl von der Fachpresse zerrissen als auch von den Spielern mit Nichtbeachtung bestraft wurde sah man sich bei EA zu einem radikalen Kurswechsel veranlasst: Nachdem kurzzeitig sogar das Ende der Need for Speed Serie beschlossen schien, gab man das Franchise schließlich in die Hände der Slightly Mad Studios. Dieses Studio setzt sich aus ehemaligen Mitarbeitern der SimBin Studios zusammen die unter anderem an GT Legends und GTR 2 gearbeitet haben.

Damit ist auch der Szenariowechsel klar: Von illegalen Straßenrennen in nächtlichen Städten geht es auf klassische Rennstrecken, statt eines getunten Golf GTI oder 3er BMW fahrt ihr mit Porsche GT Fahrzeugen oder dem Pagani Zonda. Auch das Gameplay hat sich radikal geändert: Die Fahrphysik ist wesentlich realistischer und kann durchaus mit Simulationen wie RacePRO mithalten.

Kariereberatung

Im Mittelpunkt des Spiels steht die Fahrerkarriere mit verschiedensten Wettkämpfen und der Entwicklung des Piloten. Dies ist eine der wesentlichen Neuerrungen von Shift: Der Spieler entwickelt sich weiter und levelt sich Stück für Stück bis zum 50. Fahrerlevel. Erfahrungspunkte gibt es dabei nicht nur für gewonnene Rennen sondern für so ziemlich jede Aktion auf der Strecke: Jedes Überholmanöver, jede perfekt gefahrene Kurve und jeder Rempler bringen euch Erfahrungspunkte. Dabei unterscheidet das Spiel ob ihr ein sauberer Fahrer seit, also die Gegner sauer überholt, fehlerfrei fahrt und Kontakte mit gegnerischem Blech und dem neutralen Beton der Steckenbegrenzung meidet oder ob ihr eher eine Pistensau seid, die Gegner als aktive Bremshilfe missbraucht. Das System ist bis auf einige wenige Designentscheidungen stimmig, so ist es z.B. nicht nachzuvollziehen warum das Driften und fahren im Windschatten aggressive Aktionen sind.

Technische Spielereien

Technisch macht Need for Speed: Shift einen hervorragenden Eindruck: Eine Premiere feiert Slightly Mad mit Shift auf jeden Fall – Es ist das erste Need for Speed, das auf der Xbox 360 flüssig läuft. Auch grafisch kann sich das Spiel sehen lassen: Einige Texturen  amStreckenrand lassen zwar die letzte Schärfe vermissen, dies fällt bei der Geschwindigkeit des Spiels allerdings kaum auf. Am Streckenrand tut sich auch eine ganze Menge: Da sind Schiffschaukeln die ihre Überschläge machen, Rauch steigt von Campingplätzen auf und das Publikum applaudiert. Die Wagenmodelle sind eine Augenweide für Liebhaber. Sehr detailliert gestaltet und toll texturiert stehen sie auf einer Ebene mit denen von Dirt 2. Eine Sensation ist die Cockpitansicht. Sie schlägt in Sachen Detailreichtum alles bisher dagewesene. Hier liegt auch einer der Schwerpunkte von Shift, denn abhängig von der Geschwindigkeit verschwimmt der Blick in der Cockpitperspektive und das Spiel simuliert den typischen Tunnelblick – Einzigartig und atembraubend.

Nicht ganz so gelungen ist das Schadensmodell, hier gibt es zwar Verformungen der Karosserie und abfallende Teile, einen Totalschaden sucht man allerdings genauso vergebens wie eine deutliche Auswirkung der Defekte auf das Fahrverhalten.

Ist die Fahrphysik noch äußerst genau und toll gelungen kann man dies von der generellen Physik des Spiels leider nicht behaupten: Das die Gegner teilweise bei Crashs abfliegen als sitze man selber in einem Panzer ist da nur ein Punkt, das Gegner sich bei Tempo 50 mehrfach überschlagen wenn man sie dreht ist da etwas ganz anderes. Der Höhepunkt der Physik: Fährt man schnell von hinten auf einen Gegner auf passiert es sehr oft das man unter dem Gegner durch fährt und den Gegner auf dem eigenen Dach hat. Dies passiert nicht nur bei flachen Supersprtwagen, auch mit einem Audi A4 kann man unter einen anderen Wagen fahren.

Das Highlight des Spiels ist aber zweifelsohne der Sound: Die Musik im Menü ist zwar sehr zurückhaltend eingesetzt, wenn es aber dann auf die Strecke geht dreht Shift richtig auf: Die Motoren dröhnen und brummen in einer Ohrenbetäubenden Lautstärke, beim Schalten hat man das Gefühl die einzelnen Zahnräder knirschen zu hören und bei einem Crash klingt es wirklich wie eine Tonne Metall gegen Beton. Konnte der Sound in Dirt 2 schon begeistern setzten die Slightly Mad Studios hier mit Shift wirklich noch einen drauf. Need for Speed: Shift ist das bestklingenste Rennspiel das man bisher gesehen hat. Auch die Surround Sound Abmischung kann begeistern: Die Gegner sind jederzeit klar im Raum zu orten und sogar der Motorensound kommt je nach Fahrzeug von der Front oder aus dem Heck.

Die KI – Ein Fall für die stille Treppe

Einen zweigeteilten Eindruck hinterlässt die KI. Auf der einen Seite begeht sie fast menschliche Fahrfehler, versucht andere KI Fahrer zu überholen und klebt nicht an der Ideallinie. Auf der anderen Seite ist sie sehr aggressiv, gerade Startphasen enden sehr häufig in Massencrashs und vor Haarnadelkurven nutzt die KI den Spieler gerne mal als Bremshilfe und versaut ihm so ein komplettes Rennen. Da Shift auf die mittlerweile übliche Rückspulfunktion verzichtet bleibt nichts anderes als der Neustart des Rennens – Hier ist ein immenses Frustpotential das völlig unnötig ist.

Ebenfalls frustrierend ist der sehr schwankende Schwierigkeitsgrad der Karriere, mal gewinnt man ein Rennen mit riesigem Vorsprung nur um im nächsten Rennen aufgrund einer dann auch auf „leicht“ perfekt fahrenden KI absolut kein Land zu sehen. Es ist absolut unmöglich abzuschätzen wie schwer ein Wettkampf wird. Definitiv übertrieben haben die Slightly Mad Studios bei den Car Battles: Hier treten zwei in etwa gleich starke Wagen gegeneinander in einem „Best of three“ an. Ziel ist es vor dem Gegner im Ziel zu sein oder fünf Sekunden Vorsprung heraus zu fahren. Selbst auf der leichtesten KI Stufe fahren die Gegner hier dermaßen perfekt, dass die einzige sichere Möglichkeit zu gewinnen ist, die Gegner umzudrehen, dies gestaltet sich aber schwerer als gedacht. Selbst ein kleiner Fahrfehler reicht um hoffnungslos zurück zu liegen und nur ein Neustart als Möglichkeit bleibt.

Gewöhungsbedürftg ist auch das Driften. Diese Disziplin, offensichtlich ein Überbleibsel aus der Tuner-Ära, findet sich auch in Shift wieder, diesmal allerdings mit einer sehr realistischen Steuerung und einem relaistischen Fahrverhalten. Bis man einen erfolgreichen Drift hinbekommt bedarf es einiger Übung und viel Feingefühl mit Gas und Bremse. Dafür ist das Erfolgserlebnis wesentlich höher als bei den „alten“ Driftevents.

Motivationskur

Trotz diesen ganze Frusterlebnissen kann die einzigartige Kariere mit den unterschiedlichen Erfahrungspunkten und Boni bei Levelaufstieg immer wieder an Need for Speed fesseln. Dazu trägt auch bei, dass man Rennen immer wieder fahren kann um auch die letzten Aufgaben in Rennen zu erfüllen um die dafür vergebenen Sterne zu gewinnen. Diese Sterne braucht ihr um in der in fünf Stufen aufgebauten Karriere weiter zu kommen. Fährt man gute Platzierungen ein und erfüllt die anderen Aufgaben hat man die fünfte Stufe allerdings sehr schnell erreicht. Ein großer Vorteil hiervon ist natürlich, dass man ungeliebte Renntypen auslassen kann – trotzdem wirkt der Karrieremodus dadurch recht kurz. Natürlich kann man auch alle Rennen fahren und dies auch nach den Rennen der fünften Stufe tun, insbesondere wenn man wirklich Level 50 erreichen möchte führt daran kaum ein Weg vorbei.

Der Onlinemodus bietet Standardkost: Bis zu 8 Spieler gleichzeitig fahren hier um die Wette, die hier erfahrenen Punkte werden, anders als in Dirt 2, allerdings eurem Profil gutgeschrieben. Wer also viel Online unterwegs ist kann genau so schnell Level 50 erreichen wie jemand der nur die Karriererennen fährt.

Alles eine Frage der Einstellung

Shift bietet ansonsten guten Durchschnitt: Die Rennstrecken sind teils Fantasieprodukte (London, Tokio, teils aber auch legendäre, echte Rennstrecken wie Spa Francochamps, Brands Hatch oder die Nordschleife. An der Fahrzeugfront finden sich die üblichen Verdächtigen: Von 3er MBW und Audi A4 sowie VW Scirocco über Porsche Cayman, Camaro SS, Ford GT oder Lamborghini Gallardo bis hin zu Supersportwagen wie den Pagani Zonda oder den Mercedes SLR. Tunen kann man die Wagen auch in gewissem Maße: Jeder Wagen verfügt über mehrere Rennlackierungen, sagt einem keine dieser Lackierungen zu kann man mit dem sehr eingeschränkten Editor selber Vinyls auf den Wagen pappen und aus verschiedenen Lacken wählen. Das ist weit weniger als Forza Motorsport 3 bietet aber immer noch mehr als Dirt 2.

Eine weitere Option ist das Leistungstuning: In verschiedenen Stufen lässt sich der Wagen aufrüsten und die Leistung steigern: Dies reicht von einfachen Umbauten zur Gewichtsreduzierung oder Body Kits mit einstellbaren Flügeln bis hin zur Nitroeinspritzung und Rennbremsen. Auch das Cockpit lässt sich umbauen und verändert sich entsprechend auch in der Cockpitansicht. Die Krönung der Upgrades ist der Werksumbau der mit einigen Wagen möglich ist: Damit wird der Serienwagen zu einem kompletten Rennwagen umgebaut – Dieser Umbau ist sündhaft teuer, bringt aber die ultimative Leistung für das jeweilige Fahrzeug.

Mit den Upgrades ist es aber nicht getan: Auch am Setup darf der Spieler schrauben. Genau wie Forza Motorsport bietet Need for Speed: Shift unzählige Einstellungen um den Wagen anzupassen. Wer allerdings kein Automechaniker ist steht hier oft auf dem Schlauch, doch auch diesem Spielern kann geholfen werden: Anhand von vier Kriterien (Beschleunigung vs. Topspeed, Abtrieb vs. Geschwindigkeit, Über- vs. Untersteuern) stellt der Spieler seine Vorlieben ein und Shift setzt diese Vorgaben in ein entsprechendes Setup um – Das ist vorbildlich gelöst, zumal man die Auswirkungen auf der Strecke auch wirklich spürt.

Fazit von Stargaze

Warum macht es mir EA so schwer den neuen NfS Teil zu lieben? Die Abkehr von der Tunerszene ist seit mindestens fünf Jahren überfällig gewesen, das Cockpit ist mit Abstand das beste was es bisher zu sehen gab, die Karriere ist motivierend und bringt mit dem Präzisions vs. Aggressions Element eine echte Neuerung. Aber warum dieser extrem schwankende Schwierigkeitsgrad, warum eine so aggressive KI wenn man auf die mittlerweile zum Standard gehörende Rückspulfunktion verzichtet, warum diese extrem nervigen Car Battles? Need for Speed in dieser Form hat mit ein wenig mehr Feintuning das Zeug zu einem ernsthaften Konkurenten für Forza und GT zu werden, also bitte EA, lasst Slightly Mad ein zweites Shift produzieren und die Fehler von Teil 1 ausbügeln. Trotzdem ist NfS: Shift das beste Need for Speed der letzten Dekade (das Beste seit NfS: Porsche aus dem Jahre 2000 um genau zu sein) und lässt trotz aller Frustmomente das Rennspielherz höher schlagen. Trotzdem bleibt in diesem heißen Herbst erstmal nur der Platz des Verfolgers hinter Dirt 2 und Forza 3.

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Fazit von Maynard

Need for Speed: Shift macht Spaß aber dieser ist begrenzt. Als nicht Simulationsfan und eher Arcade-Racer-Fahrer, hatte ich weniger Spaß als meine Kollegen und das bedeutet, dass NfS Shift evtl. eine andere Zielgruppe anspricht. Technisch gesehen liegt das Spiel im oberen Drittel, kann aber grafisch nicht immer überzeugen. Die KI reagiert teilweise zu perfekt bzw. die Aufholjagd kann in manchen Rennen erst gar nicht stattfinden, da sogar die leichteste KI gnadenlos ist. Gerade im Racer-Herbst mit der sehr starken Konkurrenz, dürfte NfS Shift den letzten Platz bei mir erreichen…

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Fazit von AssKikaX

Nach den letzten Teilen der NfS-Seire hatte ich keinerlei Hoffnung in den neuesten Ableger gesteckt. Umso mehr wurde ich positiv überrascht, denn Shift ist einfach komplett anders. Schluss mt dem pseudo-coolem Setting, den Cutscenes mit C-Schauspielern und ruckeliger Grafik. Die einzigartige Cockpit-Perspektive bietet ein unheimlich dichtes Mittendrin-Gefühl und jeder Crash tut nicht nur virtuell weh. Das rollenspielartige Belohnungssystem ist sehr Motivierend. Eigenltich wäre Shift Kopf an Kopf mit Dirt2 oder Forza3 durch’s Ziel gerauscht, wären nicht die teils extrem schweren Duelle und die Drift-Rennen – zum Glück muss man diese aber nicht absolvieren, da man stets die Wahl zwischen verschiedenen Events hat. Lasst euch nicht von der Drohung „Need for Speed“ auf der Verpackung abschrecken, gebt Shift eine Chance – ihr werdet es nicht bereuen.

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27. September 2009 | Autor: Stargaze