Inside Review: Clive Barker’s Jericho

Clive Barker ist der Allgemeinheit eher als Autor einiger faszinierender Horrorbücher (u.a. Bücher des Blutes) und Erschaffer des Pinehead aus den Hellraiser Filmen bekannt. Obwohl seine Werke sich für eine Umsetzung als Spiel anbieten, war die bisher einzige Umsetzung das Spiel Undying vor einigen Jahren auf dem PC. Mit Clive Barker`s Jericho ist also erst die zweite Umsetzung eines Barker Werkes erschienen, hier in Deutschland nach einer halbjährigen Freigabediskussion letztendlich direkt zum Budgetpreis von 30€. Ob der Horrorschocker sein Geld wert ist oder ob das Spiel euch aus ganz anderen Gründen schockt erfahrt ihr in diesem Review.

Es war einmal…

Jericho spielt in der Jetztzeit. Die Geschichte dreht sich um das erste von Gott erschaffene Menschenkind. Da er dieses als sein Ebenbild erschaffen hat verfügt es auch über seine göttliche Macht. Als Gott erkannte, was er damit angerichtet hat verbannte er sein Ebenbild in die Unterwelt. Eben dieses Erstgeborene hat Kontakt mit dem Bösewicht Arnold Leach aufgenommen und ihn überredet, es zu befreien. Um dies zu verhindern muss ein Trupp mutiger Soldaten aufbrechen, um sich ihm und dem Erstgeborenen entgegenzustellen. So weit, so altbekannt. Die Hintergrundstory gewinnt mit Sicherheit keinen Preis für Originalität, aber wie schon ID Software bewiesen hat gibt es wichtigeres.

Auftritt Team Jericho

Nun ist es also soweit, das Reich des Erstgeborenen erscheint in der Al Khali Wüste und es ist an der Zeit, dass sich das Jericho Squad ihm entgegenstellt. Das Team Jericho besteht aus insgesamt sieben Mitgliedern: Delgardo ist mit seiner Minigun eher der Typ fürs grobe, dazu passt auch der Feuerdrache den er auf die Feinde hetzten kann. Jones und Ross sind eher die normalen Soldaten mit gewöhnlichem Schnellfeuergewehr, Ross als Anführer der Truppe bekommt aber nach dem ersten Level eine ganz besondere Rolle. Der vierte Mann im Team ist Vater Rawlings, ein Priester der nicht nur Worte, sondern auch seinen .38er Colt für sich sprechen lässt.

Ebenfalls im Team vertreten sind drei Frauen: Abingale Black ist eine telepatisch begabte Scharfschützin, die nicht nur mit ihrem Snipergewehr sehr genau zielen kann, dank Telekinese hat sie die Möglichkeit ihre Kugeln „manuell“ ins Ziel zu befördern. Church ist eine Blutmagierin, bewaffnet mit Uzi und Säbel setzt sie aber auch gerne ihren Fesslungszauber ein, um Gegner Bewegungsunfähig zu machen. Komplettiert wird das Team durch Simone Cole, die dank komplexer Hightech die Zeit manipulieren und sich so in Bullet Time bewegen kann.  Diese siebenköpfige Gruppe reist also in die Wüste um die Menschheit zu retten.

Alt

Das Spiel präsentiert sich als lupenreiner First Person Shooter. Ihr erkundet die Level durch die Augen eines der Teammitglieder und schießt auf eigentlich alles, was sich im Level bewegt. Verlaufen könnt ihr euch auch nicht: Es gibt genau einen Weg ans Ziel und genau diesem müsst ihr folgen wie auf Schienen. Weitläufige Areale sind die Ausnahme und auch diese werden durch Levelobjekte so eingegrenzt, daas ein Verlaufen nicht möglich ist. Die Gegner erledigt ihr durch die Steigerung des Bleigehaltes in ihrem Blutkreislauf, größere Brocken oder Endgegner verlangen nach einem präzisen Timing während eines Quick Time Events.

Diese kommen auch bei einigen anderen Situationen, zum Beispiel einer gewagten Kletterpartie, zum Einsatz. Der entscheidende Nachteil: Neben dem knackigen Schwierigkeitsgrad der QTE kommen diese teilweise völlig überraschend: Bevor ihr wisst, was los ist sind die ersten Kombinationen schon vergeigt. Ebenso altbacken wirkt der Spielablauf: Ihr betretet ein Gebiet, die Gegner beehren euch mit ihrer Anwesenheit und nachdem ihr alle beseitigt habt geht ihr weiter bis ihr die nächste Gegnerhorde triggert.

Neu

Soweit klingt ja alles nach einem Shooter der Marke Schema F, einige Besonderheiten gibt es dann aber doch im Spiel. Nach dem ersten Level, der gleichzeitig als Tutorial dient, habt ihr die Möglichkeit beliebig zwischen den Teammitgliedern zu wechseln und ihre individuellen Waffen und Magiefähigkeiten einzusetzen. Diese Fähigkeiten verleihen dem Spiel auch deutlich mehr Abwechslung: Das Who is Who des Action Genres ist hier vertreten, von Heilzauber über Feuer bis hin zur Lähmung, sogar die Bullet Time hat es ins Spiel geschafft.

Das ermöglicht das taktische herangehen an Gefechte und jeder Gegner ist gegen die Waffe oder Fähigkeit eines Teammitglieds besonders anfällig. Bei den Endgegnern bedarf es sogar der Kombination von verschiedenen Teammitgliedern um ihnen endgültig den Gar auszumachen.  Auch die Rätsel, die hin und wieder auf euch warten, müsst ihr mit Hilfe der Fähigkeiten einzelner Teammitglieder lösen. Diese Rätsel kommen nicht oft vor und sind auch nicht sonderlich schwer, sorgen aber dennoch für Abwechslung.

Level und Gegnerdesign

Nichts zu meckern gibt es beim Design der Spielwelt, alles andere hätte bei Clive Barker aber auch gewundert. Der Geschichte nach hat [Stadt] jedes Mal, wenn sie erschienen ist, einen Teil der Welt mit sich genommen. Hier haben sich die Designer ausgetobt. Anfangs ist [Stadt] ein normales Wüstendorf, je weiter ihr in die Stadt vordringt, desto weiter bewegt ihr euch in der Zeit zurück. Anfangs lauft ihr über Schlachtfelder des zweiten Weltkrieges, wechselt zu den Kreuzzügen ins Mittelalter und anschließend über einen Abstecher im alten Rom zu den antiken Sumerern. Jede Epoche, jeder „Ring“ der Stadt, ist aus typischen Motiven der jeweiligen Zeit und sehr sehr viel Blut und Gedärm zusammengesetzt. Die Optik der Level wirkt stimmig und interessant und bietet, auch wenn ihr den Levels schlauchartig folgt, eine beeindruckende Kulisse.

Mengenrabatt gab es wahrscheinlich bei der roten Farbe. Die ganze Welt von Jericho wirkt lebendig organisch. Jede Menge Blut und Körperteile sind mit der Levelarchitektur verwachsen. Das dieses Spiel dennoch eine Einstufung der USK bekommen hat ist wirklich verwunderlich.

Ebenso überzeugen kann das Monsterdesign: Es gibt zwar nur drei Grundtypen von Monstern, die euch das ganze Spiel über begleiten. Jede Epoche bietet aber einige ganz eigene Gegnertypen. Diese reichen vom Flammenwerfersoldaten in der Weltkriegszeit über Kreuzritter und Armbrustschützen im Mittelalter bis hin zu den Gladiatoren im alten Rom. Auch die Endgegner sind mit viel Liebe zum Detail designt worden, meist verfolgen sie vermeintlich ehrenwerte Ziele und merken gar nicht, in welche Monster sie sich verwandelt haben. Die Arenen in denen ihr auf die Bosse trefft passen ebenfalls hervorragend in die jeweilige Zeit: Im Weltkriegsabschnitt bekämpft ihr die Nazi-Okultistin „Lichthammer“ an einer Kopie des Brandenburger Tors, den verrückten Bischof, der die Kinderkreuzzüge veranstaltet hat, bekämpft ihr in einer Kathedrale und den römischen Stadthalter in einer an den Circus Maximus erinnernden Arena.

In jedem Abschnitt findet ihr Verbündete, die euch helfen in die nächste Zone zu gelangen, diese entsprechen dem historischen Konterpart der Gegner, so zum Beispiel britische Soldaten im Weltkrieg.

Technik

Grafisch ist das Spiel sehr gut gelungen, die Bildrate läuft konstant flüssig, die Animationen sind lebensecht und die Grafik wirkt unglaublich plastisch. Die unterschiedlichen Stile der einzelnen Epochen sind glaubwürdig uns teilweise sogar spektakulär umgesetzt worden. Der Sound ist bei der Musik unaufdringlich, manchmal sogar zu sehr im Hintergrund. Dafür entschädigt eine sehr gut gelungene deutsche Synchronisation und knackige Waffensounds sowie Gegnergebrüll das durch Mark und Bein geht. Die Schwierigkeitsgrade sind gut abgestuft auch wenn das Spiel selbst im leichtesten recht schwer ist.

Fazit:

Clive Barker´s Jericho ist ein altmodischer, aber grundsolider Shooter der seine Faszination aus dem Design der Spielwelt zieht. Ebenfalls sehr gut gelungen ist der wechsel zwischen den Charakteren was dem Spiel deutlich mehr taktische Tiefe gibt. Einen festen Magen und eine Vorliebe fürs Horror Genre solltet ihr allerdings mitbringen, für sanfte Gemüter ist das Spiel wirklich nicht zu empfehlen. Gameplaytechnisch wandert das Spiel auf sehr ausgetretenen Pfaden, kann aber auf der anderen Seite mit der sehr guten und abwechslungsreichen Grafik überzeugen. Auch die Länge des Spiels mit 10-12 Stunden Spielzeit geht voll und ganz in Ordnung.

Die Wertung

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[xrr rating=8/12 label=“Sound:“ display_as=fraction_stars fraction_separator=“ / „]
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30. Oktober 2008 | Autor: Stargaze