Genre: (Horror)-Shooter | Publisher: Sega |
Termin: 12. Februar 2013 | Entwickler: Gearbox / Timegate |
Ich gehe vorsichtig mit meiner Waffe im Anschlag und dem Bewegungsmelder durch die zerstörten Gänge der Kolonie Headley’s Hope auf dem Planeten LV426. Der Bewegungsmelder macht: Bub. Bub, Bub. Überall sind Spuren vergangener Kämpfe und provisorische Barrikaden zu sehen. Bub. Bub, Bub. Mein Herz pocht. Der Schweiß perlt mir von der Stirn. PING. PING. PING. Der Bewegungsmelder zeigt ein Signal. Dann zwei. Dann drei. PING. PING. PING.
Mein Herz schlägt schneller. Verdammt. Ich sehe nichts. Mein Magazin ist halb leer und meine Gesundheit ist angeschlagen. PING. PING. PING. Die Signale kommen immer näher und näher.PING. PING. PING. Ein Schatten huscht vorbei, Ich gerate in Panik und verballere kostbare Magazin. PING. PING. PING.
Ich habe keine Chance, Ich flüchte den Korridor entlang. Das Piepen des Melders immernoch im Ohr. Durch die Tür. Schnell doch! Schließ dich endlich!! Schnell den Plasmabrenner rauskrahmen und die Tür zuschweissen. PING. PING. PING. Geschafft. Das müsste für eine weile reichen. Doch das Piepen des Bewegungsmelders wird immer schneller und immer lauter … Oh nein! Sie sind in den Lüftungsschächten! Ich bin dem Tode geweiht…
Vertane Chance
So hätte Aliens: Colonial Marines werden können. KÖNNEN! Denn so ist es nicht. In wirklichkeit sind nicht die Aliens der pure Schrecken, sondern in erster Linie das komplette Spiel.
Zur Story: Colonial Marines spielt zeitlich gesehen zwischen „Aliens – Die Rückkehr“ und „Alien³„. Kurz nachdem es auf der Sulaco zu einem unvorhergesehen Ereignis kam und die Mannschaft rund um Ellen Ripley evakuiert wird und auf Fury 161 bruchlandet, taucht die Sulaco aus unerklärlichen Grunden wieder im Orbit von LV426 auf. Es wird ein Trupp Colonial Marines zur Aufklärung hingeschickt.
Hier steigt nun das Spiel ein. Leider mit einem recht langweiligen Intro-Video, das nie an die Qualität der Szenen aus „Aliens“ herantritt. Hier wird man zum ersten mal vor Schrecken zusammenzucken. Die deutsche Lokalisierung ist unterste Schublade. Die Sprecher klingen gelangweilt. Von Lippensynchrinität keine Spur. Und das schlimmste: Es wird im gesamten Spiel so bleiben.
Kurz nach dem Intro startet man in einem kleinen Raum und betritt die Sulaco über einen Verbindungsgang von Schiff zu Schiff. Eine Explosion erschüttert diesen und wir eilen durch die Luftschleuse. Diese drei kleinen Abschnitte haben schon gereicht um zu merken: Verdammt, Aliens: Colonial Marines sieht garnicht gut aus. Es ist nicht wirklich pottenhässlich, aber die Texturen sind mittelmäßig und die meisten Lichter sind statisch. Bis auf wenige Ausnahmen werden keine dynamischen Schatten dargestellt. Für ein Alien-Spiel, das mit Licht, Schatten und optischen Täuschungen spielen muss, ein purer Atmosphäre-Killer.
Liebe im Detail
Im Raum nach der Luftschleuse erhalten wir unseren Auftrag. Wir sollen vermisste Marines finden und machen uns auf den Weg. Wir durchqueren den Hanger, in dem der Show-Down am Ende von „Aliens“ stattfand, finden Bushop’s Unterleib und begeben uns zur Mensa. Hier entdecken wir einen Tisch mit Messerspuren von Bishop’s Trick. Nebenan entdecken wir die Umkleide, wo Vaszkes ihre Klimmzüge machte und die Schlafkapseln. Alles kommt einem bekannt vor und wurde souverän umgesetzt. Solche Details werden Filmfans zu Hauf im Spiel finden. Sei es die Krankenstation in Headley’s, das Kommandozentrum oder Newt’s Puppenkopf. Selbst die Positionen von Alien- und Facehuggerleichen sind dem Film nachempfunden!
Ebenfalls direkt aus dem Spiel: der sensationelle originale Soundtrack und Soundeffekte. Wenn der Bewegungsmelder vor sich hinblubbt oder das Maschinengewehrfeuer aus der Heimanlage tönt, fühlt man sich irgendwie zuhause.
Dumme Viehchers
Leider wird das Spiel durch diese Details nicht viel besser. Neben der schwachen Optik ist nämlich die KI ein weiteres starkes Manko. Die Aliens stürmen schnurstracks auf einen zu. Sie weichen nicht aus oder springen von Wand zu Wand – hier kann nur die Masse wirklich gefährlich werden. Ähnliches gilt für die Angestellten von Wayland Yutani. Zwar gehen diese ab und zu in Deckung, aber nur um diese kurz darauf wieder zu verlassen und frei für den Abschuss zu sein – dafür wird diese Schwäche durch die hohe Treffsicherheit wieder ausgeglichen.
Unsere KI-Begleiter verhalten sich nur selten klüger. Sie greifen selbstständig Gegner an – aber selbst dafür gibt es keine Garantie. Ich musste mich durch einen kompletten Levelabschnitt ballern, während meine Kollegen nur als Zuschauer fungierten. Eine Türe weiter fällt denen wieder ein, wie man Waffen abfeuert.
Die KI-Begleiter haben aber noch ein anderes, viel größeres Manko: Da diese unsterblich sind und unendlich Munition haben, lasse ich denen die Drecksarbeit machen und ziehe mich gemütlich zurück. Nur wenn sich ein Alien zu mir verirrt hat, eröffnete ich das Feuer. Spannung geht anders.
Der Rabe als Reverenz
Dabei gibt es einen einzigen Level, der beweist, dass das Spiel auch spannender hätte sein können. In „Raven“ muss man sich waffenlos durch die Kanalisation von Hadley’s schleichen und einem besonders fiesen und großen Alien entkommen. Zudem muss man sich an schlafenden Aliens vorbeirobben. Ist man zu schnell oder zu laut, werden diese Wach und strackseln auf uns zu. Zum Glück sind diese Alien-Typen blind und geben die Suche wieder auf, wenn wir uns still verhalten.Hinzu kommen gute Jump-Scares.
Auffällig ist, dass die Textuten hier schärfer sind, fast alle Lichter dynamisch und mit Echtzeitschatten dargestellt werden. Mir kam es so vor, als sei dieser Level am weitesten fortgeschritten und dass der Rest des Spiels mal so sein sollte. Mit etwas mehr Entwicklungszeit, wäre aus Aliens: Colonial Marines vielleicht das geworden, was uns Gearbox versprach und wir uns erhofft hatten.
Zusammenfassung
- original Aliens-Lizenz …
- original Soundtrack
- original Sounds
- original Set-Design
- Details aus dem Filmen
- … die nicht ausgereizt wird
- überlste Lokalisierung
- grafisch & spielerisch veraltet
- riesige Story- & Logiklücken
- strunzdumme KI
- kaum Spannung
- lahmes, unbefriedigendes Ende
- wirkt unfertig und zusammengeschuhstert
Fazit
Das kleine Mädchen Newt hat in James Cameron’s „Aliens – die Rückkehr“ einmal gesagt: „Meine Mommy hat gesagt, Monster gibt es gar nicht. Aber es gibt sie.“ Und damit hatte sie recht! Denn die Monster sitzen alle bei Gearbox, die es nicht geschafft haben das Potenzial der Vorlage ansatzweise auszunutzen, und bei Sega, die keine weitere Entwicllungszeit mehr bereitstellen wollten. Das Spiel wirkt unfertig und spielerisch wie technisch veraltet.
Zwar wurde viel Liebe bei der Umsetzung der aus dem Film bekannten Örtlichkeiten gesteckt aber dennoch fehlt es an Herz und Seele. Trotz alle dem hat mir Aliens: Colonial Marines rgendwie Spaß gemacht – vielleicht weil ich ein totaler Fan der Trilogie bin (es gab kein Alien 4!) und sogar „Prometheus“ für einen der unterschätztesten Filme 2012 halte. Immerhin hat mir das Spiel wieder Lust auf die Filme gemacht (aber nicht den 4ten).
Ich kann dieses Spiel wirklich nur extrem harten Fans empfehlen, die über die spielerischen und grafischen Schwächen hinwegsehen können. Am Besten ihr leiht euch Aliens: Colonial Marines von der Videothek aus und schaut, ob es euch liegt.