News & Gerüchte

zurück zur News-Übersicht

Paradigmenwechsel? Abgesagt! Die (etwas anderen) Gedanken von Stargaze

Hier die (rein subjektive) Antwort auf Manni`s Gedanken zur aktuellen Spielentwicklung.

Lieber Manni,

du und ich, wir sind ungefähr im selben Alter (beide sind wir schon in der 3X Generation angekommen) und entsprechend haben wir spielerisch ähnliche Erfahrungen gemacht.

Auch ich sehne mich manchmal nach mehr Story, Emotion und Drama in Spielen. Doch bin ich auch Realist genug um zu sehen dass dies ein frommer Wunsch bleiben wird. Natürlich ist unsere Generation von Spielern nun die „reife“ Spielergeneration und wünscht sich mehr Inhalte für Hirn und Herz in den Spielen aber man sollte den Blick auch über den Tellerrand schweifen lassen und sich den Spielemarkt etwas genauer ansehen.

Damals, Ende der 80er, Anfang der 90er, als meine und sicherlich auch deine „Spielerkarriere“ richtig begann war man „einer von wenigen“. Das Spielen an Computer und Konsole war zwar schon verbreitet, trotzdem gab es auch eine große Gruppe unserer Altersgenossen die mit unserem Hobby absolut nichts anfangen konnte und sich ihm verweigerte (Instrumente und Sport sind auch was Schönes).

Mittlerweile schrumpft eben diese Gruppe zur Bedeutungslosigkeit, Videospiele sind in der Popkultur nicht nur angekommen, sie schicken sich an das TV zu überholen. Diese „neue“ Generation von Spielern ist jetzt Anfang bis Mitte Zwanzig und setzt (noch) andere Prioritäten:  Schnelle Action, fotorealistische Grafik und möglichst Skandalträchtig soll das Spiel sein. Eben diese gruppe der Spieler ist in der Überzahl der Käufer und sorgt Jahr für Jahr für neue Rekordverkäufe von Kot(ics) Moorhuhn-Kriegsverherrlichung (Sorry, darwin, aber das Wortspiel bietet sich einfach an).

Die andere Gruppe der Spieler kommt vom anderen Ende der Altersskala: Diejenigen die Videospiele in ihrer Jugend entweder ignoriert haben oder wo es einfach noch nichts dergleichen gab werden dank Wii, Move und Kinect an „unser“ Hobby herangeführt: Auch diese Spieler wollen keine komplexen und vielschichtigen Handlungen und Spiele oder gar eine Herausforderung, sondern einfach ein wenig abschalten mit WiiSports, Kinect Adventures oder einem anderen „Casual Spiel“.

So Hart es auch klingen mag: Die Spieler die sich komplexe Spiele mit vielschichtiger Handlung und nicht nur die schnelle Popcorn-Actionkost wünschen sind in der Minderheit. Bei den momentanen Entwicklungskosten sind große Produktionen die „uns“ ansprechen einfach kaum rentabel: Enslaved liegt (trotz sehr guter Kritiken) fast wie Blei in den Regalen, Gray Matter, das neue Adventure von Jane Jensen, der Macherrin von Phantasmagoria und Gabriel Knight, als Initialzündung für das Comeback der Adventures? Hat leider trotz guter Wertungen und klassischem Gameplay unterirdische Verkaufszahlen.  Der Wii geht es mit Epic Micky nicht viel besser: Ein tolles Spiel mit Handlung, Disney Charakteren und Anforderungen an den Spieler verkauft sich ebenfalls eher mäßig.

Große Storys lassen sich halt schlecht in einem Kriegsshooter, einem Wimmelbildspiel oder einer Minispielsammlung erzählen. Große Storys brauchen den entsprechenden Rahmen eines epischen Rollenspiels oder beser noch eines alt-ehrwürdigen Point and Klick Adventures. Gerade diese beiden Genres erfordern aber vom Spieler neben der Zeit und der Bereitschaft sich „durchzubeißen“ auch eine gewisse „Erfahrung“ mit Spielen und dem entsprechenden Genre. Kein Wunder also, dass Rollenspiele immer mehr zum Hack and Slay und Adventures immer mehr zu Wimmelbildern verkommen.

Am Ende des Tages müssen wir uns wohl eingestehen, dass sich die Videospielbranche (nicht mehr) um uns dreht. Freuen wir uns lieber über die Spiele die scheinbar mit uns im Hinterkopf gemacht wurden, seien es nun die herrlich anspruchsvollen Geschichten eines Lost Odyssey oder eines Nier, oder der anspruchsvolle Schwierigkeitsgrad eines Darksiders oder Bayonettas.

Und auch die Zukunft sieht doch gar nicht so schlecht aus: Neben zahlreichen Indie Entwicklern die uns mit tollen neuen Ideen und Neuinterpretationen von unseren Klassikern versorgen gibt es einige, wenige Lichtblicke am Horizont: Child of Eden zum Beispiel, oder The Witcher 2 um nur zwei Titel zu nennen.

Damit verabschiede ich mich und gehe wieder etwas Zork spielen.

–          Dein Stargaze

30. Januar 2011 | Autor: Stargaze