Seit nunmehr 36 Stunden schlagen die Wellen im deutschsprachigen Internet höher. Der Grund ist der Antrag der bayrischen Kommission für Jugendschutz die Webseite des österreichischen Versandhändlers Gameware.at auf den Index zu setzten. Als Begründung fürht die KfJ an, auf der Seite werden „Gewaltvideos“ gezeigt, zudem führe die Seite zur „sozial-ethischen Desorientierung und Verrohung durch den nachhaltigen Empathieverlust“ bei heranwachsenden Jugendlichen. Seit einigen Stunden gibt es die Meldung, dass auch andere Versandshops aus Österreich, z.B. game4game.at, Post der bayrischen Jugendkommission bekommen haben. Dort hat man teilweise schon reagiert und man will einen 18er Bereich wie in deutschen Shops einrichten.
Man mus doch sehr erstaunt die Vorwürfe zwei- und dreimal lesen um zu verstehen was genau dem Versandhändler dort vorgeworfen wird, klingt die Beschreibung doch wirklich besorgnisserregend. Bei solch einer Beschreibung erwartet man doch mindestens die Folterszenen eines SAW und Hektoliterweise Blut, die Realität sieht aber anders aus: Hinter den Gewaltvideos verstecken sich ganz simpel: Trailer. Also jene kurzen Ausschnitte aus Spielen die es in mittlerweile sechsstelliger Zahl auf gametrailers.com zu sehen gibt – Ist diese Seite die nächste? Auch der sonstige Inhalt dient eigentlich weniger der Desorientierug der Jugend sondern eher der Dokumentation derselbigen bei unseren Volksvertretern.
Fangen wir aber mit etwas anderem an: Was bedeutet eine Indizierung einer Webseite eigentlich? Bisher ist es lediglich so, dass diese Seite auf deutschen Webseiten nicht beworben werden darf und sich Suchmaschienenanbieter, wie Yahoo oder Google, freiwillig dazu verpflichtet haben die entsprechenden Seiten bei Suchanfragen herauszufiltern. Eine der bekanntesten indizierten Webseiten dürfte der DVD-Versender cyber-pirates.org sein. Dort können sowohl 18er als auch indizierte DVDs ohne Altersnachweis bestellt werden.
Halten sich die Auswirkungen für den Spieler also bisher in Grenzen, kann das Werbeverbot für den Händler durchaus existenzbedrohende Züge annehmen. Gearade die österreichischen Shops sind beliebte Werbepartner deutscher Seiten – eine Indizierung würde gerade diese Shops hart treffen.
Die Betonung liegt allerdings ganz klar auf dem Wort „bisher“: Wie bereits im letzten „Frei Schnauze“ angemerkt, sollte man das aktuelle Vorhaben der CDU/SPD nicht vergessen, Internetseiten mit unbequemen und ungewolltem Inhalt kinderpornographischem Inhalt von deutschen Providern sperren zu lassen. Vordergründig wird der (in dieser Form völig wirkungslose) Kampf gegen Kinderpornographie angeführt, um über eine geheime (!!!) Liste beim Bundeskriminalamt entsprechende Webseiten sperren zu lassen. Eine Kontrolle welche Seite warum gesperrt wird gibt es nicht, weder Besucher noch Betreiber werden informiert, auch eine richterliche Anordnung zur Sperrung ist nicht erforderlich.
Das bedeutet nichts anderes, als dass einer der fundamentalen, demokratischen Grundsätze, der in Artikel 20 des Grundgesetzes festgelegt sind – nämlich der Grundsatz der Gewaltenteilung – durch dieses Vorhaben ausgehebelt wird.
Es gehört nicht viel Fantasie dazu sich auszumalen, dass genau solche Seiten wie gameware.at, game4game.at und cyber-pirates.org bei Zeiten auch auf der BKA-Liste landen werden, wie bereits von einigen CSU-Politikern gefordert (das dies für einen halbwegs versierten PC Anwender kein allzu großes Problem ist haben wir im letzten Frei Schnauze auch angemerkt).
Es verwundert nicht, dass es als erstes die österreichischen Shops trifft: sie haben nicht nur das große Pech in direkter Nachbarschaft unserer sehr konservativen bayrischen Politiker zu sein, nein, bei diesen Lieferungen an jugendzerstörenden und staat- und volkgefährdenden Gütern fällt nicht einmal Einfuhrzölle an. Während also bald wohl keine Möglichkeit mehr besteht die völlig überteuerten Spiele aus unserem Nachbarland zu importieren, bleiben die asiatischen und britischen Importhändler vorerst unverfolgt. Ob dies von Dauer ist, weil man in München und Berlin nicht auf die Einfuhrzölle verzichten will oder diese Shops der nächste Stein für die „Great german Firewall“ ist, kann nur die Zukunft zeigen. Und nein, liebe CSU, diese Shops werde ich hier nicht verlinken, die müssen sie schon selber finden.
Eine kleine Anmerkung nur am Rande: Am Mittwoch fand im bayrischen Landtag ein „Spieleabend“ statt, an dem den Abgeordneten auch „Killerspiele“ wie GTA 4 und Halo 3 gezeigt wurden und diese auch spielen konnten. Ungefähr dreißig Abgeordnete der CSU, SPD, FDP und der Grünen fanden sich ein, lediglich der bayrische Innenminister Hr. Hermann, der „Killerspieler“ mit Drogendealern und Kinderschändern verglich, und Sozialministerin Hadertauer, die erst kürzlich mit ihrer völlig inkompetenten Äußerung zur Arbeitsweise der USK von sich reden machte, hatten keinerlei Interesse an der Veranstalltung. Zumindest die Politiker, die einen Einblick in die aktuelle „Jugendkutur“ bekommen haben waren sich einig, dass Verbote und Regulation des Staates nur die Ultima Ratio sein können und nicht immer und überall Anwendung finden können und müssen.